Von Osorno nach Entre Lagos

"Was wäre das Leben, hätten wir nicht den Mut, etwas zu riskieren!"

Mittwoch, 12. Juni 2013, Abfahrt, heute heißt es Abschied nehmen von Entre Lagos.

Aber an der Ortsausfahrt von Entre Lagos steht „Regrese pronto“, „Komm bald zurück“.

Wir fahren die 50 Kilometer von Entre Lagos nach Osorno, wir kaufen ein.

Donnerstag, 13. Juni 2013, Südchile, Osorno, Flughafen. Heute heißt es schon wieder Abschied nehmen,

Verabschiedung von Greti, Greti fliegt in den Sommer, Greti fliegt auf Heimaturlaub.

Seit über 33 Jahren waren wir für keinen so langen Zeitraum voneinander getrennt, seit über 33 Jahren waren wir keine so große Entfernung voneinander getrennt.

Ja, und was mache ich, Freundin in Chile?

Falsch geraten, ich überwintere hier.

Ich fahre ins Ungewisse, 250 Kilometer nordwärts von Osorno gibt es einen Berg auf dem ich noch nie in meinem Leben war.

Den Berg 250 Kilometer nordwärts von Osorno den haben zwei Gringos gekauft,

jetzt heißt der Berg 250 Kilometer nordwärts von Osorno „cerro del gringos“. Und auf dem „cerro del gringos“ leben die „gringos del cerro“.

Donnerstag, 13. Juni 2013, Südchile, Osorno, Flughafen. Greti ist abgeflogen, jetzt sind der Jimmy und ich allein in Südamerika.

Nordwärts auf der Panamericana, aufmerksame Leser wissen was das ist, es ist eine Art Autobahn, zahlungspflichtig.

Apropos zahlungspflichtig, es gibt einen kleinen Trick. In Südamerika gibt es keinen LKW der auf der Hinterachse Einzelbereifung hat, die haben alle Zwillingsbereifung. Steht man nun an so einer Zahlstelle kann man die Damen darauf hinweisen: „Armer Tourist, Wohnmobil ist zwar groß aber auf der Hinterachse ist nur Einzelbereifung.“ Die Damen kriegen große Augen und man wird, mit Augenzwinkern, als PKW eingestuft, man spart 2/3 an Autobahngebühr. Ist man an der ersten Mautstelle als PKW durch hat man schon gewonnen. An den nachfolgenden zeigt man das Ticket der vorigen Mautstelle und schon ist alles klar.

Genug an Theorie, ab in die Praxis. Meine erste Mautstelle, meine erste Mautdame, für sie ist es selbstverständlich daß mein LKW ein PKW ist, gewonnen. Nordwärts immer nordwärts, verfahren kann ich mich nicht.

In Osorno auf die Panamerikana auf, knappe 250 km weiter nördlich von der Panamericana ab, da in der Nähe soll es sein.

Irgendwo an einer Tankstelle an der Autobahn übernachte ich, einsam und allein, bevor es morgen weiter geht.

Ja was bringe ich alles für die Gringos mit, Mathe aus Argentinien, Großmutters Bratapfeltorte gebacken von Greti,

Kräuter für den Gemüsegarten von Elfi und Hanspeter, Schnittlauch, Petersilie, Maggikraut und Pfefferminze.

Freitag, 14. Juni 2013, Südchile, Panamericana, nordwärts immer nordwärts, Nebel.

Irgendwo ab von der Autobahn, ca. 20 km Piste.

Die Piste ist schmal aber frisch geschottert, eine Pistenautobahn, die Forstunternehmung die das Gebiet besitzt wird demnächst all die Bäume hier fällen und den Kahlschlag neu bepflanzen.

Von 120 Meter Seehöhe geht es hinauf auf 650 Meter Seehöhe, sonst wäre es ja kein Berg.

Plötzlich eine Abzweigung, ein Schild, ich bin angekommen.

An der Grundstückseinfahrt endet die Schotterpiste, Erdpiste beginnt.

Es geht bergab und bergab, innerhalb von 500 Meter von 650 m Seehöhe auf 550 Meter Seehöhe.

Kurz vor meinem Ziel steht ein alter Schuppen, ein Dachvorsprung.

Die Erdpiste ist schräg und rutschig, die Vorderräder des Jimmy rutschen seitlich ab. Mit viel Glück gleite ich am Dachvorsprung ohne Beschädigung vorbei.

Ab jetzt geht es noch steiler bergab, der Boden ist griffig, Jimmys Reifen krallen sich fest.

Und dann bin ich da, ich bin am Ziel, ich bin am „cerro del gringos“.